Was einst 2009 als Nebenprojekt bei Massive Entertainment begann, hat sich heute zu einer der vielseitigsten und leistungsfähigsten Spiele-Engines entwickelt: Snowdrop. Die Idee entstand aus dem Wunsch, Werkzeuge zu schaffen, mit denen sich extrem detaillierte Stadtumgebungen realisieren lassen. Das Team entwickelte die Engine vollständig in C++ und zerlegte sie in modulare Komponenten – so konnten verschiedene Entwicklerteams an Rendering, Audio oder Physik arbeiten, ohne sich gegenseitig in die Quere zu kommen.
Eine zentrale Szenegraphen-Struktur behält stets den Überblick darüber, wo sich Objekte im Spielraum befinden – getrennt vom eigentlichen Simulationsprozess, was selbst bei schnellen Kameraschwenks für flüssige Bewegungen sorgt. Unter der Haube verbirgt ein Low-Level-Interface die zugrunde liegende Plattform – ob DirectX, Vulkan oder eine Konsolen-SDK –, was es erleichtert, neue Grafikfeatures zu integrieren.
Bereits bei der Präsentation von The Division auf der E3 2013 zeigte sich Snowdrop beeindruckend fortschrittlich: Deferred Shading mit Tiled Light Culling ermöglichte den Einsatz Dutzender Lichtquellen ohne nennenswerte Einbußen bei der Bildrate. Assets wurden dynamisch gestreamt, die Detailstufen passten sich automatisch der Entfernung an, und prozedurale Zerstörung wurde in Echtzeit berechnet.
Mit The Division 2 kamen GPU-beschleunigte Partikeleffekte und realistischere Schallausbreitung durch intelligente Audio-Occlusion hinzu. Bei Avatar: Frontiers of Pandora begeistert Snowdrop mit Echtzeit-Raytracing für Wasser und Vegetation sowie einer von KI gesteuerten Tierwelt, die dynamisch auf ihre Umgebung reagiert. In Star Wars Outlaws geht Ubisoft noch einen Schritt weiter: DLSS-Upscaling und RTX Direct Illumination sorgen für höhere Bildraten auf NVIDIA-Hardware.
Für das kommende Splinter Cell-Remake sind hardwarebeschleunigte Physikberechnungen und multithreaded Culling geplant – was die Ladezeiten verkürzt und große Levelstrukturen flüssiger laufen lässt.
Ein echtes Alleinstellungsmerkmal der Snowdrop-Engine ist ihr Umgang mit Zielplattformen: Egal ob Windows-PC, PlayStation 4 oder 5, Xbox One oder Series X/S oder sogar Nintendo Switch – eine einheitliche Asset-Pipeline sorgt dafür, dass hochauflösende Texturen, Modelle und Animationen automatisch in plattformspezifische Formate umgewandelt werden. Das spart Speicher, verhindert matschige Texturen auf Konsolen und stellt sicher, dass jedes Gerät sein Potenzial ausschöpfen kann.
Automatisierte Skripte übernehmen den Aufruf der jeweiligen SDK-Compiler, passen Binärdateien für konsolenspezifische Features wie asynchrones Rechnen an und aktivieren Funktionen wie variable Bildwiederholraten. Die Codebasis bleibt dabei einheitlich, aber wird gezielt an die Stärken der jeweiligen Plattform angepasst.
Nachdem sich Snowdrop in den The Division-Titeln bewährt hatte, fand die Engine rasch ihren Weg in weitere Ubisoft-Studios: Toronto, Montreal und nahezu ein Dutzend anderer Teams setzen sie heute sowohl für fotorealistische Epen als auch für stilisierte Abenteuer ein. Diese Flexibilität verdankt Snowdrop ihrem modularen Aufbau: asynchrones Ressourcenmanagement, anpassbare Rendering-Schnittstellen und fertige Module für Features wie dynamisches Wetter oder komplexe KI-Systeme. Wer einen neuen Grafikstil ausprobieren möchte, tauscht Shader oder passt die Beleuchtung an – ohne die gesamte Engine neu schreiben zu müssen.
Quelle: Guru3D