Gearbox schickt uns erneut auf Beutezug. Diesmal nicht auf Pandora oder Promethea, sondern auf Kairos, einem Planeten voller Geheimnisse, Schrotflinten und schlechtem Einfluss. Nach dem etwas überdrehten Borderlands 3 wollten viele Fans wieder mehr Fokus und mehr Story statt Cringe. Und siehe da: Borderlands 4 liefert tatsächlich eine Geschichte, die mehr bietet als nur Memes im Cel-Shading-Look, auch wenn natürlich der serienprägende Humor keinesfalls zu kurz kommt.
Story & Setting
Kairos ist kein fröhlicher Ort. Der Timekeeper hält die Bevölkerung mit einem Kontrollgerät in Schach, uns eingeschlossen. Nach einem filmreifen Intro erwachen wir in einem Gefängnis, werden von der Crimson Resistance befreit und … tja, der Rest ist klassische Borderlands-Kost: Explosionen, irre NPCs, ein bisschen Rebellion und sehr viel Loot.
Borderlands 4 spielt nach dem dritten Teil und greif Ereignisse der Vorgänger auf, man muss diese aber nicht gespielt haben um die Story zu verstehen. Der vierte Teil spielt auf einem neuen Planeten, der zuvor lange von der Außenwelt abgeschnitten war. Zum größten Teil haben wir es daher mit neuen Charakteren zu tun, wir treffen aber auch auf einige bekannte Gesichter und auch Claptrap ist wieder mit von der Party, das dürft ihr gerne als Warnung verstehen.
Gameplay: Looten bis der Arzt kommt
Das Grundrezept ist altbekannt und nach wie vor köstlich: Gegner erschießen, Loot aufsammeln und mit dem besseren Loot noch effizienter Gegner erschießen. Gearbox hat jedoch an den richtigen Stellschrauben gedreht, während es in Borderlands 3 noch zu einer regelrechten Flut von legendären Loot kam, sind legendäre Gegenstände in diesem Teil wieder deutlich rarer und damit ist ihr auftauchen wieder ein besonderes Ereignis.

Die vier neuen Kammerjäger Rafa, Amon, Harlowe und Vex spielen sich erfreulich unterschiedlich. Wir entschieden uns für Vex: Die Sirene sorgt mit ihren beschworenen Klonen für kreative Chaosmomente. Ihre Klone halten Gegner in Schach, verursachen ordentlich Schaden und lösen beim Ableben unsere ausgerüsteten Kill-Skills aus.
Die neuen Bewegungsoptionen, also Gleiter, Doppelsprung, Dash und Greifhaken, sind eine echte Bereicherung. Sie stellen nicht nur eine Alternative zu Fahrzeugen dar, sondern ermöglichen auch den Zugang zu sonst unerreichbaren Arealen. Besonders der Greifhaken sorgt in den Gefechten für vertikale Action der besonderen Art. Auch im Kampf hat sich einiges verändert, angefangen bei neuen Waffenherstellern, so müssen Ordens-Waffen erst aufladen, können dann aber alle geladenen Schüsse in kurzer Folge abgeben. Granaten sind nicht mehr die einzigen Hilfsmittel, die wir einsetzen können, sie teilen sich ihren Slot mit anderen Waffen und sie benötigen keine Munition mehr, mit der Zeit laden sie einfach nach. Es gibt noch viele weitere Änderungen, die das Spielgeschehen zum guten weiterentwickeln.
Das Skillsystem ist wie gewohnt tiefgehend: drei Action Skills pro Charakter, flexible Skilltrees und ein Umskillen ist jederzeit gegen Geld möglich.
Welt & Design: Groß, offen, etwas gleichförmig


Zum ersten Mal wagt sich die Reihe an eine echte Open World. Nach dem Prolog dürfen drei große Gebiete frei erkundet werden, bevor sich das finale Areal öffnet. Das klingt super und ist es größtenteils auch. Die Welt bietet zahlreiche Sammelobjekte, optionale Basen, Nebenquests und natürlich jede Menge Loot.
In jedem Gebiet gibt es Basen einzunehmen, Radiotürme die zur Einnahme immer die gleichen Wellen von Gegnern spawnen lassen und Silos die bei der Suche nach Kammerschlüsseln helfen. Besonders die serienprägenden Kammern sind dadurch außergewöhnlich unspektakulär und die Fragmente des Kammerschlüssels teils absurd unscheinbar in der Welt zu finden. Die Kammern selber teilen sich den gleichen Aufbau, allerdings mit einzigartigen Bossen am Ende. Das funktioniert zwar, wirkt aber wenig inspiriert.
Immerhin funktionieren die vertikale Gestaltung und die wirklich offene Struktur hervorragend. Kairos fühlt sich organisch an, auch wenn man manchmal auf abgelegenen Wegen auf unsichtbare Mauern trifft, die der Timekeeper offenbar aus reiner Bosheit errichtet hat.
Atmosphäre & Präsentation: Humor mit Herz
Optisch bleibt Borderlands 4 dem ikonischen Cel-Shading-Stil treu, wurde aber weiter optimiert und an eine wirklich offene Welt angepasst. Kurzum: Kairos sieht wirklich gut aus.
Im Vergleich zum Vorgänger wurde der Humor in der Hauptstory sehr entschärft. Sie ist vergleichsweise ernst und etwas trocken, doch die Nebenquests sind wieder herrlich verrückt: Wir helfen beispielsweise einem plattdeutsch sprechenden Psycho, seine Beine wieder einzufangen, oder einer Blindgänger-Rakete, die ihre Existenz hinterfragt. Die Nebenquests sind ihre Zeit wirklich wert und bieten einzigartige Momente.

Neu sind auch die zufällig auftretenden Bosskämpfe, die durch eine Kuppel schon von weitem sichtbar sind. In ihnen befinden sich teils sehr anspruchsvolle Gegner, die auch guten Loot abgeben können. Es lohnt sich also nach diesen Kuppeln Ausschau zu halten, allerdings sollte man sehr darauf achten, sie nach Beginn des Kampfes nicht wieder zu verlassen: Verlässt man den Kampfbereich ist der Kampf direkt vorbei, auch wenn der Boss sich selber weit aus der Kuppel entfernt hat.
Performance & Technik: Ein bunter Flickenteppich
Technisch schwankt Borderlands 4 zwischen beeindruckend und enttäuschend. Besonders die High-End Presets lassen aktuelle High-End Systeme alt aussehen.
Auf der ROG Ally X läuft das Spiel mit niedrigen Einstellungen flüssig mit relativ stabilen 30 FPS bei 900p, was für einen Handheld gar nicht schlecht ist. Auf dem Testsystem mit einer PNY RTX 5060 Ti 16 GB, einem Intel Core Ultra 265k und 64 GB RAM erreichen wir bei 1440p und hohen Einstellungen stabile 60 FPS, allerdings nur mit aktivem Upscaling. Insgesamt kommt es öfter mal zu kleinen Rucklern, besonders beim Wechseln der Gebiete. Eine Erhöhung des Shader-Caches schafft hier Abhilfe.
Wir haben Borderlands 4 auch auf den neuen RTX Blackwell Instanzen von Geforce Now ausprobieren können, wo wir Borderlands 4 in 4k bei 120 FPS und hohen Grafikeinstellungen erleben konnten. Die Latenz des Streamingdienstes war uns dabei praktisch nicht aufgefallen.
In puncto Stabilität sind wir voll zufrieden: keine Abstürze, keine kaputten Savegames, keine Glitches, die Gegner in den Orbit schießen. Nur gelegentliche Frame-Drops erinnern daran, dass Kairos offenbar ein Planet aus Shadern ist.
Fazit
Borderlands 4 bietet unserer Meinung nach die bisher beste Mischung aus Story, Humor und Shooter-Mechanik, die Gearbox Software je geschaffen hat. Die Open World ist ein mutiger Schritt, der zwar nicht perfekt umgesetzt ist, dafür aber erstaunlich gut funktioniert. Dafür überzeugen die Klassenvielfalt, die neuen Bewegungsmöglichkeiten und die angenehm fokussierte Handlung.
Technisch nicht ganz sauber, aber spielerisch stark, bleibt Borderlands 4 das, was es sein sollte: ein chaotisches, witziges und süchtig machendes Loot-Fest.
















